
Stilgeschichten & Herzenssachen #28 -
Zeitlos schön - Mode und Stil im Wandel der Jahrzehnte
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Ursula Strassmayr
Alter: 83 Jahre
Beruf: Pensionistin
Wohnort: Linz
Kleiderschrank: Noch zu viele Sachen, die nicht mehr getragen werden
Das wertvollste Teil: eine kräftig blaue Hose mit passendem gestreiften Oberteil
Stil: Leger, aber doch ein bisschen weiblich
Größter Fehlkauf: Schwarze Kleidung
Lieblingsfarben: Orange im Sommer, kräftiges Blau, gedeckte Herbsttöne wie Beige, Braun und gedämpftes Gelb
Das schönste Kompliment: „Du wirkst so positiv und strahlend.“
Manche Modeerscheinungen kommen und gehen, doch der eigene Stil bleibt – reift mit den Jahren und erzählt eine ganz persönliche Geschichte. Stilberaterin Martina Thurn betont: „Mode verändert sich, aber wer sich selbst kennt, kann Trends gelassen begegnen und seinen Stil bewusst weiterentwickeln."“
Ursula Strassmayr, geboren 1941, hat acht Jahrzehnte Mode erlebt und ist sich dabei immer treu geblieben. Ihre Geschichte ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie Kleidung Identität formt und gleichzeitig Raum für Veränderung lässt.
Von Pumphosen und Miniröcken
Aufgewachsen in den 1940er- und 1950er-Jahren erlebte Ursula Strassmayr eine Zeit, in der Kleidung keine Frage des Geschmacks, sondern der Notwendigkeit war. „Man hat getragen, was da war“, erinnert sie sich. Doch ein Aufenthalt in Spanien, wo sie als Kind zur Erholung nach dem Krieg hingeschickt wurde, veränderte ihre Perspektive: Dort gab es plötzlich Farben, Stoffe und Schnitte, die ihr vorher fremd waren. Dennoch fiel es ihr nicht leicht, sich mit den damals üblichen, langen Kleidern samt Pumphosen darunter anzufreunden.
Zurück in Österreich begann sie, sich selbst Kleidung zu nähen – ein Talent, das sie durch die Jahre begleitete. Später, in der Mittelschule, führte sie ihr Weg als Au-pair nach Südfrankreich. „Da bin ich dann wirklich mit Mode zurückgekommen, die hier niemand getragen hat", erinnert sie sich. Eine hellblaue, glänzende Dreiviertelhose mit gestreiftem Oberteil war eine ihrer Lieblingkombinationen. Ihre Freundin trug eine rote Hose mit passendem Streifen-Oberteil – ein modisches Statement, das in Linz auffiel. „So sind wir dann durch die Stadt gegangen und haben Französisch gesprochen.“ Sie trug auch Hotpants in Gelb, die ihre schönen Beine betonten, dazu ein Tuch auf den Kopf. „Ich fühlte mich wie Brigitte Bardot“, sagt Ursula Strassmayr.
Doch nicht jeder Trend war ein Volltreffer. Manche modischen Strömungen probierte sie aus, nur um festzustellen, dass sie nicht zu ihr passten. Denn in den 1960er-Jahren, als Miniröcke en vogue wurden, merkte sie schnell: „Das steht mir überhaupt nicht.“ Statt jeden Trend mitzumachen, hörte sie auf ihr Bauchgefühl und fand ihren eigenen Stil. „Ich habe mir angeschaut, was mir steht und womit ich mich wohlfühle."
Mode als Ausdruck der eigenen Entwicklung
Ursulas Stil war immer im Wandel – nicht durch Trends, sondern durch die Phasen ihres Lebens. Während den Berufsjahren dominierte eine durchdachte Grundgarderobe, die sie mit Accessoires wandelbar hielt. „Ich habe darauf geachtet, dass ich etwas zum Kombinieren habe. Mit einem anderen Tuch hat es oft schon gewirkt, als hätte ich ein neues Outfit an.“ Heute setzt sie auf bequeme Eleganz, genießt lange Kleider und fließende Schnitte - und trägt sogar Sneaker dazu. Enge, unbequeme Hosen? „Die habe ich vor zwei Jahren endgültig aussortiert.“
Rot für Rothaarige?
Ursula Strassmayrs Verhältnis zu Farben hat sich im Laufe ihres Lebens stark verändert. Als Kind trug sie häufig rot – doch sie mochte es nicht. Als Rothaarige dachte sie: „Das steht mir nicht.“ Stilberaterin Martina Thurn erklärt dazu: „Viele Rothaarige meiden Rot, dabei gibt es für sie wunderbare Nuancen – es kommt auf den richtigen Ton an.“ Strassmayr entdeckte Rot erst mit 50 wieder für sich. Heute steht sie besonders auf warme Töne: Orange im Sommer, Beige und Braun für den Herbst, ein kräftiges Blau für besondere Anlässe. Und was ist mit Schwarz? „Das steht mir nicht, das brauche ich nicht.“
Mit den Jahren ist nicht nur ihr Stil gereift, sondern auch ihr Blick auf sich selbst. „Früher habe ich mir oft Gedanken gemacht, ob etwas passt. Heute weiß ich, was mir steht.“ Besonders schön sind für sie Komplimente, die über das Äußere hinausgehen – etwa, wenn ihr jemand sagt, dass sie strahlend und positiv wirkt. Das zeigt: Mode ist nicht nur eine Hülle, sondern eine Haltung. Das bestätigt Styleberaterin Martina Thurn: „Kleidung kann stärken. Wer sich wohlfühlt, strahlt das auch aus.“
Stil-trifft-Herz-Tipps von Martina Thurn zum Thema: Alter schützt vor Mode nicht
- Qualität und Passform: Hochwertige Materialien und eine perfekte Passform sind essenziell. Gut verarbeitete Kleidung hält länger und sieht stets gepflegt aus. Eine Schneiderin kann helfen, Kleidungsstücke optimal anzupassen.
- Meine Farben: Farben beeinflussen, wie frisch und lebendig man wirkt. Typgerechte Töne bringen das Gesicht zum Strahlen, während Schwarz oft zu hart wirken kann.
- Accessoires gezielt einsetzen: Ein besonderes Tuch, auffällige Broschen oder eine stilvolle Tasche können einem schlichten Outfit das gewisse Etwas verleihen und die Individualität unterstreichen.