Stilgeschichten & Herzenssachen #3 -

Warum ein Schrankcheck auch Trauerarbeit sein kann: Loslassen schafft Erleichterung, Erinnerungen dürfen bleiben

Die Fragen stellt Podcast-Producerin und Biografie-Expertin Claudia Riedler-Bittermann

 

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Gerti Hirtenlehner

Alter: 68

Beruf: Pensionistin im Unruhestrand

Wohnort: Linz

Kleiderschrank: Mehr Platz, Kombinationen, nach Farben sortiert

Stil: Sportlich-Elegant

Wertvollstes Teil: Roter Mohairpulli mit Stehkragen (von der verstorbenen Mutter)

Größter Fehlkauf: Lammfell-Mantel in Beige (wartet auf neue Besitzerin)

Lieblingsfarbe: Pink, Rot, Blitzblau, Gelb, Schwarz-Weiß

Das schönste Kompliment: Du schaust frisch und fröhlich aus!

 

Konservativ und bescheiden war der Stil der Mutter – und prägte damit auch Gerti Hirtenlehner in ihren jungen Jahren. Im Internat gab es strenge Bekleidungsvorschriften – Hosen waren für Mädchen verboten. Davon ließ sich die heranwachsende Gerti aber nicht einengen – Hosen und Miniröcke zählen zu ihren jugendlichen „Modesünden“. Und die Linzerin fing schon früh an, die kaum getragene Sonntagskleidung mit den Wochengewand zu vermischen. In ihren Zwanzigern nähte sie viel selbst – von typgerechten Farben hatte sie aber damals noch keine Ahnung.

Erst im Workshop von Styleberaterin Martina Rieder-Thurn bekam sie Einblick in das Farbenspiel und erkannte, dass ihre Lieblingsfarben auch jene sind, die ihr besonders gut stehen. Die Intuition wurde bestätigt – ab diesem Zeitpunkt griff sie nur mehr zu IHREN Farben und erlebte eine Farbenexplosion in ihrem Leben. „Tatsächlich ist es so, dass die meisten ein gutes Bauchgefühl in punkto Farben haben, Allerdings wird es immer schwieriger, sich nicht von den vielen Informationen in verschiedensten Medien ablenken zu lassen. Die Einflüsse von außerhalb sind sehr stark und nicht immer passend und vorteilhaft“, sagt die Styleberaterin.

Ein Schrank-Check schafft Klarheit. Gerti Hirtenlehner hatte bereits drei und jedes Mal wurden unpassende Teile aussortiert und neue gekauft. Hilfreich sind auch die Shoppinglisten für alles, was fehlt, und das Zusammenhängen von Kombinationen. Zielsicher steuert sie mittlerweile beim Einkaufen auf die richtigen Kleidungsstücke zu – auch wenn es manchmal saisonbedingt nicht alle Lieblingsfarben im Sortiment gibt. Die „alte Kleidung“ bringt sie in den Second-Hand-Shop oder zur Caritas.

Doch ein Schrank-Check ist noch viel mehr als Ausmisten, es geht auch ums Loslassen. An vielen Kleidungsstücken hängen Erinnerungen an Menschen, fröhliche Momente, wichtige Anlässe. Heuer ging es für Gerti Hirtenlehner vor allem um die kürzlich verstorbene Mutter. Da hängt an vielen Teilen noch das Herz dran. „Das war ein Loslassen von Gefühlen und Verbundenheit – und dennoch die Erinnerung warm im Herzen zu behalten. Der Schrank-Check war ein Stück Trauerarbeit“, sagt sie. Mit der einfühlsamen und konsequenten Begleitung durch die Expertin sei es aber viel einfacher gewesen. Auch dank kreativer Ideen. So wurde aus einer Pelzhaube der Mutter ein Polster geschneidert, der nun als Zierkissen auf der Coach die Erinnerungen am Leben hält.

Am Ende ist es Erleichterung, die ein Schrank-Check schafft. Und jede Menge Platz für Neues, wobei die Styleberaterin auch den Mut zur Lücke propagiert.

Froh und lachend geht Gerti Hirtenlehner durchs Leben und beweist, dass sie flott aussieht und weiß, was ihr steht. An manchen Tagen braucht sie ihr Rot oder eine Schwarz-Weiß-Kombi, damit es ihr besser geht. Bei wichtigen Anlässen, Feiern oder Theaterbesuchen achtet sie besonders auf ihre Kleidung, „einfach um den Festakt zu unterstreichen“.

 

 

Stil-trifft-Herz-TIPPS (von Style-Expertin Martina Rieder-Thurn):

1. "Weniger ist mehr!" Wer gut angezogen sein möchte, braucht weniger, als er/sie glaubt. wenige typgerechte Dinge kleiden besonders gut!

2. "Auf die Basics nicht vergessen!" Nicht nur besondere Teile kaufen, wo dann wieder Hose oder Schuhe dazu fehlen. Basisteile in gedeckten Basisfarben sind notwendig, um gut kombinieren zu können.

3. Guter Stil bedeutet auch, dass die Teile gut passen. Wer gut angezogen sein will, braucht griffbereit eine Änderungsschneiderin!